Das Gold von Lohberg

Foto oben: Regisseur Adnan G. Köse (l.) mit Hans Feldhoff, dessen Großvater einst den Schacht-Lohberg mit abgeteuft hat

Uraufführung des Films „Die Siedlung“. Eine Dokumentation von Adnan G. Köse über Lohberg, den Dinslakener Stadtteil mit der Zeche. Die Lichtburg ist voll bis auf den letzten Platz. Ich sitze neben Jörg Schmitt. Der humorvolle Mann hat als junger Bengel mit Regisseur Köse – „mit dem Addi“, wie er sagt – Fußball gespielt. In derselben Lohberger Straßenmannschaft. So wie Jörg Schmitt haben viele Zuschauer einen sehr persönlichen Bezug zu Lohberg. Und der Film enttäuscht sie nicht.

Wir erfahren von beeindruckenden Lebensgeschichten, große und kleine. Ein ehemaliger Bergmann, heute Künstler auf dem alten Zechengelände, schwärmt gleich zu Beginn: „Das schönste Geräusch für einen Bergmann ist, wenn die Kohle auf den Panzer fällt.“ Dann widmet sich der Film der langen Lohberger Geschichte. Wir hören von den Morden der Reichswehr an Mädchen, weil sie 1920 Kartoffeln für die widerständigen Arbeiter geschält hatten. Wir erfahren von der Bombe, die 1945 aufs Haus fällt und die Mutter tötet. Die Tochter überlebt. Der ehemalige Leiter des katholischen Jugendheims erzählt humorvoll, wie er sich vor 50 Jahren beim eigensinnigen Pfarrer Nienhaus vorstellt und keineswegs mit offenen Armen aufgenommen wird. Aber am Ende bekommt er vom Pfarrer doch noch eine Brasil angeboten sowie einen Wacholderschnaps. Wir sehen den Imam beim Gottesdienst in der Moschee und hören eine Frau, die von regelmäßigen Treffen zwischen muslimischen und evangelischen Frauengruppen erzählt. Vom schwierigen Weg bis zur eigenen Moschee berichten vier Bergmänner. Früher gab es noch nicht einmal einen muslimischen Gebetsraum. Daher wurde das Wohnzimmer eines Türken zum Gebetsraum. Wenn der zur Schicht musste, überließ er seinen Freunden den Wohnungsschlüssel, damit die in seinem Wohnzimmer beten konnten. Noch heute denken die vier Männer an ihre erste Grubenfahrt und sind ihrem Ausbilder dankbar. Männer aus zwanzig Nationen haben im Schacht zusammen gearbeitet. Und wenn es Probleme gab, wurden sie gelöst. Heute lachen sie sogar über anfängliche Schwierigkeiten. Und noch heute, so erfahren wir bewegt, bringt ein deutscher ehemaliger Bergmann eine Kerze ans Grab seines im Schacht verstorbenen türkischen Kollegen. Und als wir hören, dass man gegen die Parolen, die gegen dieses Miteinander von außen kommen, Flagge zeigen muss, erschallt Zwischenapplaus. Dann die Boxsporthalle. Männer im Zweikampf. Wir können den Schweiß riechen. Auch eine Frau kämpft mit. Im Zentrum ein alter Mann mit weißem Haar. Zwei kräftige Kerle türkischer Herkunft erklären ihm, dass er sie einst von der Straße geholt habe. 1983 sei das gewesen. Ja, ein strenger Trainer sei er gewesen, loben sie ihn, aber auch ein guter. Denn seine Jungs wurden international erfolgreiche Boxer. Natürlich darf auch der VfB Lohberg nicht fehlen. Fußball war immer von großer Bedeutung in der Zechensiedlung. Nach 125 Minuten endet der Film mit dem Steigerlied, gesungen vom Männergesangsverein Concordia. Besser gehts nicht.

Einhundert Jahre wurde in Lohberg Kohle gewonnen, aber der wahre Schatz – das Gold von Lohberg – sind die Menschen, die dort gelebt haben und heute dort leben. Das zeigt der Film auf gelungene Weise und ohne dabei zu idealisieren. Am Ende belohnt ein dicker Abschlussapplaus Adnan G. Köses gute Arbeit. Der Regisseur ist selbst Teil der Lohberger Geschichte. Er wusste genau, wovon er erzählte.

—-> Die nächste Vorführung in Dinslaken: Am 30.12.2018 in der Lichtburg


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